Archer Jeffrey by Das Elfte Gebot
Autor:Das Elfte Gebot [Gebot, Das Elfte]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-03-28T12:30:22+00:00
19
Präsident Zerimskij stolzierte in den Raum. Sofort erhoben sich seine Parteifreunde von ihren Stühlen um den langen Eichentisch und applaudierten, bis der Präsident seinen Platz unter einem Bild Stalins einnahm, das er aus dem Keller des Puschkinmuseums hatte holen lassen, wo es seit 1956 gehangen hatte.
Zerimskij trug einen dunkelblauen Anzug, weiÃes Hemd und Seidenkrawatte. Damit hob er sich sehr von den anderen am Tisch ab, die immer noch ihre schlechtsitzende Kleidung trugen, an der sich seit dem Wahlkampf nichts geändert hatte. Es war dringend nötig, daà sie schnellstmöglichst einen guten Schneider aufsuchten.
Zerimskij gestattete seinen Mitstreitern, lange und ausgiebig zu applaudieren, ehe er abwinkte, als wären sie nichts anderes als die jubelnden Massen bei Kundgebungen.
»Auch wenn ich mein Amt offiziell erst am nächsten Montag antrete«, begann er, »gibt es etwas, das ich sofort bekanntgeben möchte.« Der Präsident schaute sich im Kreis seiner Getreuen um, die über all die schlechten Jahre hinweg zu ihm gehalten hatten und jetzt für ihre Loyalität belohnt werden sollten. Viele von ihnen hatten ein halbes Leben lang auf diesen Augenblick gewartet.
Der Präsident wandte sich einem kleinen, gedrungenen Mann zu, der vor sich hin starrte. Diesem Mann war Zerimskij zu Dank verpflichtet: Josef Pleskow hatte ihm bei einem Attentatsversuch in Odessa das Leben gerettet und die drei Ãbeltäter auf der Stelle erschossen. Drei Tage später hatte Zerimskij ihn vom gemeinen Leibwächter zum Vollmitglied des Politbüros befördert, weil Pleskow eine groÃe Tugend besaÃ, die Zerimskij von jedem Mitarbeiter erwartete: daà er seine Befehle zu seiner Zufriedenheit ausführte.
»Josef, mein alter Freund«, sagte Zerimskij, »Sie sollen mein Innenminister werden.« Mehrere Gesichter um den Tisch zuckten in dem Bemühen, sich die Ãberraschung oder Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Die meisten wuÃten, daà sie für diesen Posten viel besser qualifiziert waren als der ehemalige Hafenarbeiter aus der Ukraine; manche hatten gar den Verdacht, daà Pleskow nicht einmal richtig schreiben konnte. Der gedrungene Mann strahlte seinen Parteiführer an wie ein Kind, das unerwartet ein Bonbon bekommen hatte.
»Ihre erste Aufgabe wird darin bestehen, mit dem organisierten Verbrechen aufzuräumen, Josef. Ich glaube, das erreichen Sie am besten, wenn Sie mit Nikolaj Romanow anfangen, dem sogenannten Zaren. Lassen Sie ihn verhaften. Denn solange ich Präsident bin, wird es keinen Platz für Zaren geben, ob hochwohlgeborene oder andere.«
Ein paar der Gesichter, die noch vor einem Augenblick verdrossen dreingeblickt hatten, hellten sich plötzlich auf. Es gab wohl kaum einen unter ihnen, der es bereitwillig mit Nikolaj Romanow aufgenommen hätte, und nicht einer hielt Pleskow dazu für fähig.
»Auf welcher Rechtsgrundlage soll ich ihn festnehmen lassen?« fragte Pleskow naiv.
»Irgendwas. Betrug. Von mir aus auch Mord«, antwortete Zerimskij. »Das überlasse ich ganz Ihnen. Hauptsache, es genügt, ihn hinter Gitter zu bringen.«
Pleskow wirkte jetzt schon leicht verunsichert. Es wäre viel einfacher, hätte der Chef ihm befohlen, den Mann zu töten.
Zerimskijs Blick schweifte um den Tisch. »Lew«, sagte er, »Ihnen übertrage ich die Verantwortung für die Durchführung der anderen Hälfte meiner neuen Gesetze für die innere Sicherheit.«
Lew Schulow wirkte nervös. Er war sich nicht sicher, ob er dankbar für das Amt sein sollte, das er bekommen würde.
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